Strategie für Feldkirch

Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in Feldkirch

In einem breiten Beteiligungsprozess mit Vertreter*innen der Politik, Verwaltung, Interessenvertretungen und Zivilgesellschaft wurde eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel für die Stadt Feldkirch erarbeitet und am 14.12.2021 in der Stadtvertretung beschlossen. Diese Strategie betrifft alle Organisationseinheiten der Stadt, denn Klimawandelanpassung ist ein Thema, das für (fast) alle Lebensbereiche eine Rolle spielt.

Die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses finden sich im Bericht "Anpassung an den Klimawandel in Feldkirch". Auf Grundlage dieses Berichts wurden neun Ziele erarbeitet, die sich die Stadt Feldkirch im Bereich der Klimawandelanpassung setzt.

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Ziele der Strategie

1. Klimaangepasst bauen und sanieren

Ziel

Neubauten und Sanierungen von städtischen Gebäuden (inkl. Außenraumgestaltung) erfolgen unter Bedachtnahme auf relevante Klimawandelfolgen, zB. zunehmende Hitzebelastung und Starkregenereignisse. Private Bauwerber*innen werden in Hinblick auf klimaangepasstes Bauen unterstützt. Im Zuge der Bebauungsplanung werden verpflichtende Anpassungsmaßnahmen vorgesehen.

Klimaangepasstes Bauen und Sanieren im Sinne dieser Zielsetzung beinhaltet insb. folgende Punkte: 

(1) Vermeidung der Überhitzung von Gebäuden durch: thermische Dämmung, Gebäudebegrünung (Dach, Fassade), Reduktion der Fensterflächen, Beschattung (idealerweise natürlich, ggf. baulich), Anpassung der Haustechnik (bevorzugt low-tech). Aktive Kühlsysteme (Klimaanlagen) werden im städtischen Handlungsbereich nicht verwendet und bei privaten Bauvorhaben nicht unterstützt.

(2) Vermeidung von Versiegelung, Schaffung von Retentionsflächen: Versiegelung möglichst gering halten; ggf. möglichst sickerfähige Lösungen verwenden. Bestehende Retentionsflächen werden möglichst erhalten und neue geschaffen.

(3) Außenraum naturnah gestalten: Versiegelung möglichst gering halten; Grünflächen vorsehen; naturnahe und standortangepasste Begrünung (heimische Bäume und Sträucher, Blühflächen) vorsehen.

(4) Bedachtnahme auf den Erhalt von Frischluftschneisen sowie Biotopvernetzung in Flächenwidmungs- und Bauverfahren.

Maßnahmen

1.1. Berücksichtigung der Kriterien für klimaangepasstes Bauen bei Neubauten und Sanierungen von städtischen Gebäuden

1.2. Thermische Dämmung, ggf. Errichtung von Gebäudebegrünung und/oder PV-Anlagen, bei Dachsanierungen von Pflegeheimen, Schulen und Kindergärten

1.3. Erhalt bzw. Schaffung von Retentionsflächen im Zuge städtischer Bauvorhaben

1.4. Informationen über klimaangepasstes Bauen für Bauwerber*innen

1.5. Erarbeitung von verbindlichen Instrumenten im Rahmen der Bebauungsplanung

1.6. Verlängerung der städtischen Förderungen zur Klimawandelanpassung (Dachbegrünungen, Baumpflanzungen, Naturgartenberatungen)

1.7. Darstellung von Frischluftschneisen und Biotopvernetzung in GIS

1.8. Informationsveranstaltungen für die Bevölkerung

1.9. Umsetzung und Koordination von Vorbildprojekten

2. Kühle Orte für alle erhalten und schaffen

Ziel

Für die Bevölkerung stehen ausreichend "kühle Orte" zur Verfügung. Die Entstehung neuer Hitzeinseln wird vermieden und bestehende Hitzeinseln werden sukzessive entschärft. Bevorzugt wird dies durch Begrünungsmaßnahmen und Abkühlungsmöglichkeiten durch bzw. am Wasser erreicht. Der Zunahme von Nutzungskonflikten um Freiräume infolge des Klimawandels (verstärkt durch die Pandemiesituation) wird durch Schaffung neuer "kühler Orte" bzw. Regelung bestehender Freiräume aktiv entgegengewirkt (zB. Spiel- und Freiraumkonzept, Nutzungskonzept Reichenfeld, Besucherlenkungskonzepte für Naherholungsgebiete).

Maßnahmen

2.1. Verpflichtendes Begrünungskonzept für öffentliche Bauvorhaben im Stadtraum (zB. Straßenbau, Oberflächengestaltung, Tiefgaragenbau)

2.2. Begrünung des Gymnasiumhofes

2.3. Identifizierung von Hitzeinseln und Maßnahmenplanung

2.4. Prüfung der Einrichtung von Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen

2.5. Errichtung von Brunnen und Wasserspendern

2.6. Schaffung von Aufenthaltsorten am Wasser

2.7. Umsetzung des Spiel- und Freiraumkonzepts, inkl. Schaffung neuer Wasserspielmöglichkeiten

2.8. Aufwertung bzw. Errichtung eines Waldspielplatzes

2.9. Erarbeitung eines Nutzungskonzepts für das Reichenfeld

2.10. Angepasste Pflege von städtischen Waldbeständen im Siedlungsraum mit hoher sozialer Bedeutung

2.11. Zusammenarbeit mit Wildpark Feldkirch zu Nachhaltigkeitsthemen

2.12. Regionales Besucherlenkungskonzept für "kühle Orte"

2.13. Errichtung eines "belebten Klimalehrpfads"

3. Bäume im Siedlungsraum fördern

Ziel

Der Bedeutung von Bäumen im Siedlungsraum für die Anpassung an den Klimawandel (Beschattung und Verdunstungskühle, Lebensraum für Pflanzen/Pilze/Tiere, Niederschlagsretention) wird Rechnung getragen.

  • Städtische Bäume: Der Erhalt von bestehenden (insb. alten) Bäumen hat eine hohe Priorität für die Stadt. Bei Neupflanzung von Bäumen werden gute Voraussetzungen für ein langes Leben geschaffen. 
  • Bäume auf Privatgrundstücken: Die Pflanzung von Bäumen auf Privatgrundstücken im Siedlungsraum wird unterstützt und gefördert (zB. durch Information, Vorbildwirkung der Stadt, städtische Förderung für Baumpflanzungen). Im Zuge der Bebauungsplanung werden verpflichtende Baumpflanzungen vorgesehen.

Maßnahmen

3.1. Erarbeitung eines Schutzkonzepts für städtische Bäume

3.2. Evaluierung und Verlängerung der städtischen Förderungen für Baumpflanzungen

3.3. Informationen und Empfehlungen an Bauwerber*innen zu Baumpflanzungen

3.4. Erarbeitung von verbindlichen Instrumenten im Rahmen der Bebauungsplanung

3.5. Digitalisierung des Baumkatasters für städtische Bäume

4. Katastrophenschutz optimieren

Ziel

Bestehende Lücken im Katastrophenschutz werden geschlossen (zB. verstärkte Bewusstseinsbildung, Vorsorge für den Blackout-Fall) und die regionale Zusammenarbeit wird intensiviert.

Hintergrund: Die Stadt Feldkirch ist im Bereich Katastrophenschutz bereits gut aufgestellt. Seit 2019 existiert ein umfassender Katastrophenschutzplan und seit 2021 gibt es einen Katastrophenschutzbeauftragten. Gefährdungen durch Steinschlag, Muren, Hochwasser, Wind und Waldbrand werden laufend evaluiert und Schutzmaßnahmen frühzeitig eingeleitet. Mehrere Projekte zum Schutz vor Naturgefahren sind in Planung bzw. Umsetzung (zB. Hochwasserschutz Kapfschlucht, Dammverstärkung Bangs).

Maßnahmen

4.1. Intensivierung der Zusammenarbeit im Bereich Hochwasserschutz

4.2. Vorsorge für den Fall eines Blackouts

4.3. Ausstellung zum Thema Katastrophenschutz

4.4. Prüfung der Vorschreibung von Notausrüstung für Haushalte in hochwassergefährdeten Gebieten

4.5. Evaluierung und Maßnahmenplanung betreffend Steinschlaggefahr

5. Energieversorgung sicherstellen

Ziel

Die Stadt reagiert frühzeitig auf die zu erwartenden Folgen des Klimawandels auf Energieinfrastruktur und Energieversorgung und berücksichtigt sie bei allen Planungen im Energiebereich.

Maßnahmen

5.1. Schutz des Wasserkraftwerks Hochwuhr für den Fall von Hochwassereignissen

5.2. Hochwassersichere Standorte für Transformatorenstatione

5.3. Ausbau der Photovoltaik-Anlagen auf Dach oder Fassade städtischer Gebäude (wenn möglich in Kombination mit Begrünung)

5.4. Ausbau von leitungsgebundener Wärmeversorgung und Saisonalspeichern

5.5. Erarbeitung eines E-Mobilitäts-Masterplans

6. Trinkwasserversorgung sicherstellen

Ziel

Die Stadt reagiert frühzeitig auf die zu erwartenden Folgen des Klimawandels im Bereich der Trinkwasserversorgung (und damit auch Löschwasserversorgung) und berücksichtigt sie bei allen Planungen. Die regionale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Trinkwasserversorgung wird ausgeweitet.

Maßnahmen

6.1. Vermeidung von Bodenversiegelung, Erhalt und Schaffung von Retentionsflächen (siehe Ziel "Klimaangepasstes Bauen und Sanieren")

6.2. Errichtung eines Grundwasser-Pumpwerks in der Nofler Au

6.3.Errichtung eines neuen Hochbehälters für die Mittelzone

6.4. Einbau von Notstromaggregaten bei Erneuerungen von Pumpwerken

6.5. Ausweitung von regionalen Kooperationen auf dem Gebiet der Trinkwasserversorgung

6.6. Bedachtnahme auf die Folgen von höheren Temperaturen bei der Verlegung von Trinkwasserleitungen

6.7. Umsetzung der Empfehlungen des Vorarlberger Trinkwasserkonzepts, insb. Verbindung der Wasserversorger untereinander 

7. Land- und Forstwirtschaft zukunftsgerecht gestalten

Ziel

Die Bewirtschaftung der städtischen Forstflächen erfolgt unter Bedachtnahme auf die zu erwartenden Folgen des Klimawandels. Land- und forstwirtschaftliche Betriebe in Feldkirch werden bei der Anpassung unterstützt. 

Maßnahmen

7.1. Vermittlung von Beratungsangeboten über Chancen und Risiken des Klimawandels

7.2. Fortführung des Pilotprojekts "Neophytenbekämpfung in Feldkirch"

7.3. Entwicklung des Stadtgutes Nofels zum Vorzeigebetrieb

7.4. Berücksichtigung von Klimawandelfolgen bei der Bewirtschaftung der städtischen Forstgebiete

7.5. Untersuchung der Eignung von städtischen Flächen zur Anlage von Windschutzgürteln

8. Feuchtbiotope erhalten und aufwerten

Ziel

Die Stadt Feldkirch trägt in ihrem Wirkungsbereichs zum Erhalt und zur Aufwertung der Feuchtbiotope im Stadtgebiet sowie der dort ansässigen Tiere und Pflanzen bei.

Hintergrund: Im Stadtgebiet von Feldkirch befinden sich zahlreiche (große und kleine) bedeutende Feuchtbiotope, wie insb. das Europaschutzgebiet Bangs-Matschels. Diese Lebensräume sind sehr störungsanfällig in Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels (Veränderungen im Niederschlagsregime, höhere Temperaturen). Zudem spielen sie als natürliche "kühle Orte" oft eine wichtige Rolle als Naherholungsgebiete und der zunehmende Besucherdruck (verstärkt durch die Pandemie) kann sich ebenfalls negativ auf ihre Ökologie auswirken bzw. bestehende Nutzungskonflikte verstärken. 

Maßnahmen

8.1. Ausbau der Kooperationen mit allen relevanten Akteur*innen zum Erhalt bzw. zur Aufwertung des Europaschutzgebietes Bangs-Matschels

8.2. Fortführung des Pilotprojekts "Neophytenbekämpfung in Feldkirch"

8.3. Erhalt bzw. Aufwertung des Lehrbiotops Alte Rüttenen

8.4. Erhalt und Aufwertung von Amphibienlaichgewässern & Unterstützung von Amphibienschutzaktionen

8.5. Renaturierungen von Fließgewässern

8.6. Prüfung der Ökologisierung von Fließgewässern im Bereich Älpele/Obertisis

9. Regelmäßige Evaluierung der Ziele 1-8

Ziel

Der Umsetzungsstand der einzelnen Maßnahmen wird periodisch erhoben. Schwierigkeiten bei der Umsetzung einzelner Maßnahmen werden identifiziert und Lösungen erarbeitet. Der Umsetzungsstand der Klimawandelanpassungsstrategie wird regelmäßig in einem Kurzbericht zusammengefasst und veröffentlicht.

Maßnahmen

9.1. Jährliche Abstimmungen mit Fachabteilungen zum Umsetzungsstand

9.2. Erarbeitung eines Evaluierungsplans

9.3. Periodische Veröffentlichung eines Kurzberichts zum Umsetzungsstand

9.4. Periodische Gesamtevaluierung der Ziele und Maßnahmen